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                                                       Vogelschießen

 

 

Es ist schon ein merkwürdiger Tag, der Schützenfestmontag in Bromskirchen. Auf den ersten Blick, am beginnenden Montagmorgen, scheint das Dorf ausgestorben zu sein. Vereinzelte Bürgerinnen oder Bürger gehen zum Einkaufen oder auf die Kasse zum Geldholen. Die Leute auf der Straße begrüßen sich und immer wieder hört man die Frage, na, wer wird denn heute Schützenkönig-, wer will denn den Vogelschießen?

 

Die Gespräche drehen sich um das Schützenfest und man erinnert sich an den Festzug am Sonntag, an das schöne Königspaar oder an andere freudige Ereignisse während des Festes und um den Spaß, der gemacht worden ist. Plötzlich wird es lebendig auf den Straßen und der Verkehr nimmt zu. Viele Autos fahren über das Kreuz und die Fortstraße in Richtung Festhalle und zur Vogelstange am Ruppelsberg. Der Festwirt und seine Helfer eilen durch die Gegend, um den Aufbau der Bewirtung zum Schießen sicherzustellen. Mitglieder des Vorstandes im Schützenverein transportieren Absperrmaterial zu den Wegen, um großräumig um die Vogelstange abzusperren. Die Sicherheit muss gewährleistet sein.

Kommt der Betrachter während dieser Zeit an den Ort des Geschehens, nämlich zur Vogelstange, so ist es dort noch beängstigend ruhig. Nichts lässt erahnen, dass sich dort in einigen Stunden über 1000 Menschen zusammenfinden, um den Wettkampf um die Königswürde mitzuerleben. Bierpavillons werden aufgestellt, der Grill für die Bratwürstchen wird angeheizt, die Getränke werden angeliefert, die Trinkwasserversorgungsleitungen werden durch die Feuerwehr verlegt, der Schießstand wird von den Schießaufsichten vorbereitet und Bänke für die Musiker aufgestellt. Oft geht der Blick der Beteiligten zum Himmel und fast immer ist man sich darüber einig, dass wir mit dem Wetter wieder einmal Glück haben. Eingeweihte wissen aber, dass der Bürgermeister am Hohen Stein Bänke aufstellen ließ, damit sich das gute Wetter setzen kann. Viele Fahrten ins Dorf oder zur Festhalle sind von dem Aufbauteam noch nötig, um die vergessenen Kleinigkeiten zu holen, um den reibungslosen Ablauf des Schießens sicher- zustellen.

Mittlerweile ist es etwa 09.30 Uhr. Auf dem Kreuz treffen sich die überlebenden der Sonntagnacht und die Festkapelle, um in einem Festzug den Vogel zur Stange zu bringen Mit viel Mühe gelingt es dem Schützenhauptmann, den ausgelassenen Schützen die notwendigen Kommandos zu Gehör zu bringen. Unter den Klängen des Präsentiermarsches reiht sich die Vogelabordnung in die Marschordnung ein. Mit Musik und viel Gelächter marschiert der meist kleine Zug in Richtung Ruppelsberg.

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Abholen des Vogels von dem Festzug in der Fortstraße Richtung Ruppelsberg ehemaligen Vereinslokal Müller

 

Mittlerweile sind an der Vogelstange die ersten Zuschauer eingetroffen. Decken werden ausgebreitet, Sonnenschirme aufgespannt und Ferngläser eingestellt und bereitgelegt. Die ersten Getränke werden genossen und jeder versucht sich einen guten Platz zu sichern, um möglichst viel zu sehen. In dem Tal der Lenzergrube ist es still. Vögel singen, Ziegen meckern, irgendwo blöken Schafe oder man hört Rinder auf der Weide brüllen. Das Gelächter der Aufbauveranwortlichen mischt sich in diese Idylle. Leise hört man Marschmusik in der Ferne, die allmählich lauter wird.

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                                              Manchmal wurde der Vogel auch gefahren

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                                                         Stimmung um die Vogelstange

Der Festzug kommt, und der Vogel wird zur Stange gebracht. Nach einer Einweisung der Schützen durch den Schützenhauptmann in den bekannten Ablauf des Vogelschießens und in die Regularien, werden die Gewehre auf Sicherheit überprüft, und eine Waffe auf die Lafette gesetzt. Nachdem die Polizei das Schießen freigegeben hat, beginnt das Vogelschießen. Der erste Schuss wird vom Schützenhauptmann abgegeben und von einem Tusch der Musik begleitet. Danach schießen der amtierende Schützenkönig, der Bürgermeister und der Vorstand ihre Ehrenschüsse, meist vorbei. Dann beginnt der eigentliche Wettkampf. Schuss um Schuss verlässt die Gewehre und der Vogel verliert ab und zu schon mal ein Teil. Mal ist es ein Holzsplitter, mal fliegt ein Kreppband ab. Jubel branntet aber immer dann auf, wenn einer der Schützen einen Flügel abschießt, oder eines der Insignien (Krone, Reichsapfel, Zepter), und die Festkapelle einen weiteren Tusch spielt. In dieser Phase trennt sich dann jedoch bei den Wettkämpfern die „Spreu vom Weizen“. Wenn die Flügel abgeschossen sind und auch die Preise, so werden die Insignien genannt, schießen meist nur noch zwei oder drei Schützen ernsthaft auf den Vogel, oder auf das, was noch als Rest auf der Stange hängt.

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                                               Festmusik in strahlendem Sonnenschein

 

Inzwischen hat sich der Hang hinter dem Schießstand mit Zuschauern gefüllt. Großes Gedränge herrscht an den Bierständen, und so mancher Liter Gerstensaft rinnt durch die durstigen Kehlen. Ehrengäste des Vereins, aus Wirtschaft und Politik, sind eingetroffen

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Prominenz beim Vogelschießen 1981 MdB Albert Pfuhl MdB Bernhard Jagoda Bürgermeister R. Müller

 

Viele Stammgäste aus den Nachbargemeinden lassen sich dieses Ereignis nicht entgehen. So manche gute Sache für die Gemeinde Bromskirchen wurde schon beim Vogelschießen auf den Weg gebracht, so mancher Streit zwischen Nachbarn oder Freunden fand hier sein Ende. Eine sehr angenehme Begleiterscheinung, die möglicherweise durch die Hochstimmung der Festgäste zustande kommt und dort ihren Ursprung findet.

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Fällt der Vogel ? Den kritischen Augen nach zu urteilen, wird es langsam ernst im Kampf um die Königswürde. v.l. Schützenhauptmann Heinz Steuber, Kar

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v.l. Adolf Vöpel als Schießaufsicht, Schützenhauptmann Karl Kroh, es schießt Ludwig Benner

Es hat schon Schützen gegeben, die mit einem besonders gezielten Schießen den Vogel lockern wollten. Sie wollten eben mal einen Preis abschießen, und wurden mit diesem Schuss Schützenkönig. Spannung macht sich breit, wenn der Schütze zum Gewehr greift, der bisher die besten Treffer am Vogel erzielt hat. Die mitgebrachten Ferngläser werden an die Augen gesetzt, viele Ratschläge werden an den Anwärter gegeben, und so mancher ehemalige König erinnert sich an den Augenblick seines Triumphes. Doch dann plötzlich ist die Vogelstange leer. Der eben noch gebannt angeschaute Holzvogel konnte den vielen Treffern nicht länger standhalten. Großer Jubel brandet auf, und neugierig schauen die Besucher zum Schießstand. Wer ist denn nun der neue Schützenkönig? Doch da sieht man ihn in Siegerpose, oder auch überrascht, auf den Schultern seiner Gratulanten sitzen, und der begeistert klatschenden Menge zuwinken.

 

                                         Sichtbare Begeisterung der Schützenkönige

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Adolf Engel 1955

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Heinrich Lange 1957

Nachdem sich die Spannung um das Königschießen gelegt hat, wird sofort spekuliert, wer die neue Schützenkönigin wird. In diesem noch immer spannenden Moment beginnt die Völkerwanderung Richtung Festhalle zum traditionellen Eisbeinessen. Trotz der meist hohen Sommertemperaturen verkauf der Festwirt fast 6 Zentner etwa 300Portionen- Eisbein mit Sauerkraut. Selbstverständlich werden auch andere Speisen angeboten. An der Theke fließen Unmengen Bier, und es herrscht dort ein sehr dichtes Gedränge. Der Geruch von frisch gezapften Bier und Essen vermischt sich mit Zigarettenrauch. Unter den Füßen der Thekengäste klebt der Fußboden, und die Theke schwimmt. Es wird gesungen und gelacht. Jeder freut sich über den schönen Tag. An der vogelstange ist mittlerweile die königin gefunden worden. wie ein lauffeuer wird der name der glücklichen von der vogelstange bis in die festhalle weitergegeben. vor der herrlichen kulisse der heide um den schießstand wird ein pressefoto gefertigt. das neue königspaar, noch ohne die zeichen ihrer würde, steht neben dem noch amtierenden königspaar, zusammen mit Mitgliedern des Vereinsvorstandes.

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Die neue Königsfamilie mit dem Vorstand 1989 König Matthias Koch und Königin Verena Majewski rechts das scheidende Königspaar Armin Eisenkramer und Rosemarie Vöpel

 

Strahlende Gesichter sind Ausdruck der Freude über die neue, für ein Jahr erworbene Würde. Nun formiert sich ein kleiner Festzug, der mit den beiden Königspaaren, den neuen Offizieren und der Festkapelle in Richtung Festhalle marschiert. Ein großer Augenblick für das neue Königspaar ist der Einmarsch in die voll besetzte Halle. Eine Welle an Sympathie, Freude und Beifall wird den beiden Königspaaren entgegengebracht. das muss man erlebt haben, meint der Verfasser aus eigener Erfahrung. Vom Vorsitzenden des Schützenvereins wird nun die Inthronisierung vorgenommen. In den Ausführungen wird das gerade beendete Schießen noch einmal geschildert. Die Besonderheiten, zum Beispiel das Abschießen der Flügel und der Preise hebt der Vorsitzende besonders hervor. Beifall und Jubel brandet auf, wenn er über das Mikrofon bekannt gibt: Wir haben einen neuen Schützenkönig. Unter dem Beifall der Gäste übergibt das alte Königspaar dem Neuen die Zeichen der Würde. Der König erhält die Königskette und die Königin das Diadem. Beide legen die Königsscherpen um und winken der Menge zu. Ernst und still, ja sogar feierlich wird der Moment in der Festhallen, wenn die Kapelle das Lied spielt: Ich bete an die Macht der Liebe. Manche Träne der Rührung ist schon geflossen oder unterdrückt worden. Viele Erinnerungen an ein schönes Königsjahr werden für das alte Königspaar letztmalig wach. Jeder der Anwesenden weiß: Mit dieser Umkrönung beginnt ein neues, hoffentlich gutes Jahr in der Vereinsgeschichte. Immer haben die Königspaare ihr Bestes für den Verein gegeben.

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Ein überraschtes Königspaar Eckhard Eitzenhöfer mit seiner Schwägerin Cornelia Eitzenhöfer rechts das scheidende Königspaar Fred Daubertshäuser und Regine Müller

 

Während dieser Zeit haben Freunde, Nachbarn und Verwandte des neuen Königspaares das Dorf erreicht. Sie holen dort den Blumenschmuck und die Girlanden von den Häusern der „Ehemaligen“. Die Königshäuser werden geschmückt. Am späten Nachmittag wird das Königspaar abgeholt, und mit einem meist beachtlichen Festzug durch das Dorf und dann zur Schützenhalle begleitet. Nun wiederholt sich der Ablauf, welcher so alt und doch immer wieder so neu ist. Wieder einmal stellen die Beteiligten fest: Es ist schön, einmal Königspaar des Schützenvereins „St. Hubertus Bromskirchen“ zu sein. Jeder freut sich auf das nächste Schützenfest in Bromskirchen -am ersten Wochen- ende im August- wenn die Sonne strahlend scheint.

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